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404 - Seite nicht gefunden

Die Zukunft ist angekommen! 

Nur eben nicht hier. Immer wieder stolpere ich also über, meiner Meinung nach, Relikte aus der Vergangenheit. 
Sei es das Fax Gerät, das Bargeld oder andere Techniken, die bei mir zumindest in Vergessenheit geraten sind. 
Seit unserer Ankunft werden wir immer wieder mit diesen Gerätschaften konfrontiert. Dabei sollte man doch meinen, spätestens seit Corona, ist doch alles digital möglich. Nicht so hier. Es gibt viel mehr Online Portale als noch vor zwei Jahren. Das ist schön. Nur leider ersetzen diese nicht die Berge an Papier, die man dennoch ausfüllen und verschicken muss. Innerhalb der letzten Jahre in Neuseeland habe ich circa fünf Briefe erhalten. Die Autopapiere, die man sich hinter die Windschutzscheibe klemmen muss, welche die Anmeldung und die bezahlte Steuer beweisen, einen Brief von der Polizei, wegen einer Verwarnung, sowie ein paar beantragten Papieren. Das war so gut wie alles. Klar, ab und an kam mal ein Brief oder eine Karte von der Familie oder den Freunden. Aber der Rest wurde halt Online bearbeitet. Rechnungen gab es per Email, die Anträge an die Stromanbieter, Internet-Provider oder Gasversorger füllt man online aus. Das wird dann per Email bestätigt und man kann sich, wenn man denn möchte, die App auf das Mobiltelefon laden. Per App kann man aber nicht nur sehen, wieviel Datenvolumen man bereits verbraucht hat, sondern ebenso die Rechnung begleichen, das Volumen erhöhen, das Rechnungsdatum anpassen, wenn es mal knapp wird, Zusatzinhalte buchen oder eine neue Meldeadresse inklusive Mitnahme des Vertrages abwickeln. 
Kein stundenlanges hängen in der Warteschleife, ungeduldig auf und abgehend, der schrecklich nervigen Musik lauschend, nur um dann im Moment des Abnehmens des Beraters auf der Toilette zu sitzen. Mit dem Lautsprecher aktiviert und dem Mikrofon offen. Vorbei waren die Tage des wochenlangen Wartens auf das freischalten der DSL Leitung. 

 

Nun sind wir zurück und die Ordner türmen sich im Büro. Ja, viele haben Online Portale. Aber um den geliebten Papierkrieg kommen wir dennoch nicht herum. Den Hauptantrag können sie gerne jederzeit Online ausfüllen. Am besten sie drucken diesen danach aus und schicken uns den zu. Dann sende ich ihnen die auszufüllenden Zusatzfragebögen, Informationsblätter und Anlage BC über LGE bis OPD in vierzehnfacher Ausfertigung zu. Mittlerweile kann ich kaum noch was auf meinem Bildschirm erkennen. Der ist nämlich voller Briefmarken für die ganzen analogen Emails. Innerhalb einer Woche kommt dann auch schon der Lastwagen mit der Europalette voller fein geschnittenen 80gr. Scheiben feinsten Regenwald-Holzes. Vor meinem geistigen Auge sehe ich Heimatlose Orang-Utans, die mit Sicherheit heilfroh darüber sind, ihre Behausungen für meine auszufüllenden Anträge aufzugeben. 

 

Aber nicht alle sind so auf Papier fixiert. Ich hatte vor zwei Wochen bei der Führerscheinstelle angerufen und mich erkundigen zu wollen, wie ich denn an meine deutsche Version des Führerscheins komme, die ich bei Beantragung der neuseeländischen Fahrerlaubnis abgeben musste. Das ist gar kein Problem, verhieß es umgehend. Ich leite das an meinen Kollegen weiter, der kennt sich mit diesen Angelegenheiten besser aus, und dieser meldet sich umgehend bei ihnen. Umgehend ist übrigens eine sehr vage Zeitangabe. Umgehend bei der Führerscheinstelle beträgt mindestens zwei Wochen. Der Rückruf erfolgte bis heute nicht. Aber immerhin kam auch kein Papier per Zustellbote. Oder der Postreiter ist noch unterwegs. Wurde wahrscheinlich im Sophientaler Schneegraben von der berühmt, berüchtigten Wendeburger Bande erlegt. Oder kam zu nah an das Apachen Lager in Eickenrode heran. Man kann nur hoffen, er hatte sich nicht allzu sehr an sein Haupthaar gewöhnt. Ich stelle mir das skalpieren als nicht sonderlich erholend vor. Aber wer weiß, eventuell werde ich diese Woche noch ein weiteres Telegramm verschicken, um der Sache auf den Grund zu gehen. 

 

Um sich bei dieser ganzen Bürokratie nicht direkt die Kugel geben zu wollen, lenkt man sich natürlich ab. Bloß nicht Zuviel darüber nachdenken. Die Anträge laufen. Papier ist geduldig, sagt man ja so schön. Da stürzt man sich auf allerhand kleiner Projekte, die man immer mal wieder vor sich hergeschoben hat. Das aufräumen der Festplatte, erstellen von Sicherungskopien, hören von verpassten Alben oder Netflix und Co. sind ja auch immer mal wieder ganz schön. Dazu kommt ein weiterer Volumenfresser. Ich habe vor kurzem angefangen mir eine neue Software beizubringen. Die Software Lizenz bestellt, das Paket kam entsprechend schnell. Dann startete der Download. Und es downloadete. Und downloadete. Und downloadete. Tage strichen ins Land. Viele Monde ist es nun her. Wir haben hier eine sechzehntausender Leitung. In Wellington hatten wir eine einhunderttausender Leitung, die kleinste verfügbare. Bis neunhunderttausend wäre möglich im Privathaus. Unfassbar. Nun gut. Wir leben auf einem Dorf. Ohne Bäcker. Oder anderen Geschäften, die auf eine Siedlung schließen lassen. Für diejenigen, die keine Relation zu Internet Geschwindigkeiten haben. Das herunterladen einer Email mit Anhang (kleines Dokument um mir blöde Fragen zu ersparen) ist gleichzusetzen mit einer Kaffee / Raucherpause.
Es dauerte also seine Zeit. Falls wir uns tatsächlich mal auf einen Film oder eine Serie für einen Abend einigen können, erfordert dies eine gewisse Vorlaufzeit. Vorglühen des Routers, den Kickstarter durchgetreten und schon geht sie ab die Wilde Fahrt. Also nach ein paar Minuten meine ich. Damit komme ich ja noch klar. Man braucht halt etwas mehr Zeit. Versteht mich nicht falsch, wir haben ein Dach über dem Kopf und sind gut untergekommen. Wir kämpfen hier nicht ums überleben. Das klingt zwar so, als ob ich das nicht zu schätzen wüsste, aber dennoch ist es ein wenig befremdlich. 

 

Nach circa zwei Wochen, kam aber etwas unerwartetes. Der Hausherr überbrachte die Nachricht. Achtzig Prozent des Datenvolumens seien aufgebraucht und die Geschwindigkeit würde alsbald gedrosselt werden. Ich hielt es für einen Scherz. Was sollte man denn hier noch drosseln, denke ich ohne es auszusprechen. Müsse man dann Datenvolumen zurückgeben? Oder eimerweise Internet an Bedürftige verteilen? Ich wusste keine Antwort und wartete auf die Pointe. Sie kam nicht. Es war kein Scherz, sondern bitterer Ernst. 

Im Jahr 2020 (!), zugegeben kein besonders tolles Jahr, gibt es noch Volumenbegrenzungen im Festnetz? Ja. 100GB im Monat.
Versteht mich nicht falsch. Das ist nicht "wenig". Wenn man davon weiß.

Meine Updates, Tutorials, das permanente Internet Radio und streamen von Serien oder Filmen hier und da, waren da anderer Meinung.  

Ich meine, ein Computerspiel hat heutzutage gut und gerne mal 100 GB Download, bevor man loslegen kann. Wie erwähnt, das Volumen war so gut wie aufgebraucht. Ein paar Tage später war es dann soweit. Wenn mehr als ein Gerät gleichzeitig im Internet unterwegs war, konnte man die Webseiten aufbauen sehen. Google Maps glich dem ersten "Die Siedler" Spiel von 1993. Man sieht förmlich, wie sich kleine Siedler bemühen, wuselnd umherlaufend, die Landschaften und Siedlungen aufzubauen. Auch Youtube erinnerte zum Teil an die alte 8-Bit Grafik. Viele schöne Erinnerungen schossen in mir hoch. Ich stehe auf Retro. Aber erstens in Maßen und zweitens, wenn ich es will. Ich bevorzuge Tutorials bei denen ich sehe was passiert und ich nicht erahnen muss, was der Tutor hier gerade gedrückt hat. Also ist damit erstmal Pause angesagt. Immerhin liegen die Glasfaser Leitungen bereits überall im Dorf sichtlich neben der Straße herum. Mit offenen Enden aus dem Boden ragend. Also alles nur eine Frage der Zeit, wann denn das schnelle Internet hier verfügbar ist. Bis dahin, kann ich aber eine Sache nicht vergessen. Den Sound des 56k Modems in meinen Ohren. Die älteren werden sich erinnern.
Hach herrje, wir werden alt. 


Freizeichen tuten - Digitales Wählen - Dit Dit Dä Dä Dä - krächtz krächtz....

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Kommentare: 4
  • #1

    DAD (Donnerstag, 22 Oktober 2020 07:28)

    :-)) Willkommen im Land der Bürokraten, könnte ja auch alles einfach sein!?
    Halte durch .... :-)

  • #2

    Miri (Donnerstag, 22 Oktober 2020 12:16)

    Jaaaa.... auf Glasfaser warte ich bei uns auch bereits seit 2 Jahren.... oder waren es 3? Kann mich nicht erinnern, zu lange her.

  • #3

    Sabine (Donnerstag, 22 Oktober 2020 18:09)

    Also eine Straße vor uns liegt Glasfaser, wir warten seit 5 Jahren darauf das es weiter verlegt wird ��� willkommen in old Germany ���

  • #4

    Salzgitter Oranutang Impersonator (Freitag, 23 Oktober 2020 07:39)

    Haste ein Jammerschein für diese Beitrag?
    Ordnungsamt Salzgitter möchte wissen.