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Tag 4 - Geburtstag eines ganz besonderen Menschen

29.März
Heute hat einer der großartigsten Menschen in meinem Leben Geburtstag. Mein Opa. Er wäre heute 87 Jahre alt geworden.

Leider ist dieser vor einigen Wochen, Anfang Februar von uns gegangen. Opa war gelernter Bäcker. Zeit meines Lebens, war er aber Fernfahrer. Oftmals nur alle zwei Wochen zu Hause und ansonsten immer auf Achse. Wenn er mal zu Hause war, fand ich es immer spannend seine Geschichten zu hören. Ich habe ihn immer noch als den liebenswerten Großvater in Erinnerung. 
Nach seiner Pension allerdings, schien es, als wüsste er nicht so richtig was mit sich anzufangen. Spezialisiert auf das finden von Treiberproblemen mit alten Fax-Geräten unter Windows, dem zurücksetzen der Email Software oder dem vollständigen Systemabsturz, hielt er meinen Vater stets auf Trab. Meine Oma musste in dieser Zeit auch so einiges durchmachen, nehme ich an. Zum Ende hin, litt er unter Alzheimer und war stets auf Hilfe angewiesen, die er jedoch verwehrte. Vor allem mein Vater kümmerte sich unentwegt um seine Gesundheit und andere Angelegenheiten. Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt circa 18.330 Kilometer von meiner Heimatstadt entfernt und konnte somit leider wenig dazu beitragen.  Leider durfte unser Junior ihn nicht mehr kennenlernen. Nur über Video Telefonie.

Ich werde dich besuchen, wenn ich zurück nach Deutschland komme, Opa.

 

Allzeit gute Fahrt. 

 

 

08:02 Uhr

Der erste Blick aus dem Fenster verheißt nichts gutes. Der Regen prasselte gegen die Scheiben und der Himmel war grau. Dem Garten wird es gut tun, sage ich zu mir. Seit Wochen wenn nicht Monaten haben wir kaum Regen gesehen. Wir können uns definitiv nicht über das Wetter beschweren. Aber heute war wohl ein Tag zum drinnen verweilen. Wir entschieden heute einfach mal nichts zu machen. Den ganzen Tag im Morgenmantel oder Jogginghose verbringen. Der kleine war zwar bereits umgezogen, aber wir hielten uns recht lange an den Plan. Nach dem Frühstück ging es für den kleinen wieder auf seine Decke. Er war mit seinen Spielzeugen glücklich und beschäftigte sich eine Weile mit sich selbst. Sein Lieblingsspielzeug ist zur Zeit übrigens die Korb, in der wir die Spielsachen aufbewahren. Wir begaben uns auf die Couch unter die riesige Kuscheldecke. Die Temperaturen sinken hier recht schnell, wenn sich die Sonne nicht zeigt und die Häuser sind eher spärlich isoliert. Wenn überhaupt. Nur langsam werden immer mehr Gesetze erlassen, um dies zu ändern. 

 

10:37 Uhr

Lassen wir uns doch von ein paar Geschichten aus der Ferne unterhalten, schlage ich vor. Meine Frau, die auch nicht sonderlich motiviert war die warme Decke zu verlassen, stimmte zu. Eine neue Folge "Nuhr im Ersten" war erschienen. Die wöchentliche Dosis Stand Up Comedy, die wir auch hier in Neuseeland immer noch gerne schauten. Diese Folge war aber etwas besonderes. Sie wurde aus den heimischen Wohnzimmern der Comedians gesendet. Also nicht wie üblich im Studio. Mal was anderes. Eines der Highlights für uns als Veranstaltungstechniker war definitiv, dass die Kamerafahrten im Studio dennoch vorhanden waren. Nur eben keine Gäste. Ein großer Fernseher auf der Bühne, der den jeweiligen Satiriker zeigte. Ansonsten fuhr die Kamera, wie sonst auch üblich, durch die Publikums Reihen. Nur das dieses nicht vorhanden war und selbst die Saalbestuhlung lediglich gestapelt im Raum stand. Großartige Idee. So werden auch Techniker weiter mit beschäftigt, die sonst vermutlich ihren Job verloren hätten. Weiter so. 

 

15:46 Uhr

Nachdem wir den vormittags produktiv nichts gemacht haben, klarte das Wetter auf. Die Sonne kaum raus, der Himmel wurde blau. 

Das ist wirklich erstaunlich hier unten, wie schnell sich das Wetter ändert. Es gibt hier quasi ein Sprichwort. Grob übersetzt:

Wenn dir das Wetter nicht passt, warte fünf Minuten.

Und man sagt nicht umsonst, das es in Neuseeland 4 Jahreszeiten gibt. Manchmal sogar an einem Tag. 

Wie erwähnt, die Sonne kam raus und innerhalb von wenigen Minuten, war es warm. Noch vor einer halben Stunde mit zwei paar Socken auf der Couch unter der Decke, entschieden wir uns das Wetter zu nutzen und mit dem kleinen eine Runde spazieren zu gehen. Kurze Hose, T-shirt und FlipFlops (hier als Jandals bekannt, Kurzform für "japanese Sandals") und los. 

 

Wieder die große Enttäuschung. Keine blubbernden V8 Kolonnen, cool anzusehende Verfolgungsjagden, mit allerhand Explosionen und  Motorradgangs die über die Straßen knattern und unvorsichtige Passanten in die Mangel nahmen. Wäre aber auch ein sehr komisches Bild, muss ich zugeben. Vor einem malerischen blauen Himmel eben dieses Szenario. Wie ein Horror Streifen am helllichten Tage, wo man den Mörder schon von weitem sieht und einfach früher wegläuft. Man stelle sich einen Film wie Speed vor, nur das der Bus keine Bombe hat, die bei unter 50 Meilen pro Stunde hoch geht. Also nur eine gemütliche Stadtrundfahrt mit Keanu Reeves und Sandra Bullock. Wie so ein paar Wetterbedingungen die Atmosphäre beeinflussen kann, ist doch erstaunlich. Genauso wie die Filmmusik. Stellt euch einfach mal vor, Darth Vader spaziert das erste mal durchs Bild, überall liegen Widerstandskämpfer herum und statt seinem prägnanten Soundtrack kommt Westerland von den Ärzten. Das würde ein komplett anderes Bild von ihm erzeugen.

 

Oder eine Verfolgungsjagd bei James Bond, der mit einem seiner charakteristischen Aston Martins, durch die engen Gassen einer italienischen Kleinstadt rast. Gefolgt von unzähligen schwarzen Limousinen, aus denen Anzug tragende Bösewichte mit Maschinengewehren hängen und probieren ihm das Leben zu nehmen. Unterlegt mit Herbert Grönemeyers Lied Mambo. 

 

"Ich dreh hier schon seit Stunden,

hier so meine Runden.

Es trommeln die Motoren,

es dröhnt in meinen Ohren." 

Textauszug: Herbert Grönemeyer - Mambo

 

Ja, ich weiß, völlig unrealistisch...Bond fährt ja mittlerweile Ford. Und dann auch noch einen Focus oder sowas. So einen Ford F150 Pickup oder einen Raptor, wo man noch die komplette Armee von Litauen auf die Ladefläche bekommt, hätte ich ja noch verstanden. Aber auch ein James Bond muss halt mit der Zeit gehen. Und in schweren Zeiten, wie nach dem Brexit, auch mal an umweltbewusstes fahren und Energieeffizienz denken. Sich vielleicht sogar mal mit sorgfältigem Umgang mit Menschenleben befassen. Vermutlich sammelt auch er mittlerweile seine Kassenzettel vom Bäcker für die Steuer. Ich freue mich schon, auf die ersten Streifen, in denen es eine Verfolgungsjagd gibt, in der der Held mit seinem elektrischen Fahrzeug liegen bleibt, weil seine Reichweite auf Null ist. Er dann acht Stunden an der Zapfsäule, oder besser Ladestation, warten muss, bis er weiterfahren kann. Seine Gegner, übrigens auch alle in EV's unterwegs, bleiben eine Raststätte vorher stehen. Man befindet sich in Sichtweite, aber keiner traut sich, sein heiliges E-Fahrzeug aus den Augen zu lassen. Es wird taktiert wie bei einem Boxenstopp in der Formel Eins, jede Entscheidung könnte deine letzte sein. Ich kann es wirklich kaum erwarten. 

 

Bei uns hingegen gab es wieder mal kein bisschen Endzeit Atmosphäre. Auch hier hatte Mad Max, vor allem der vierte Teil, die Erwartungen wieder einmal zu hoch geschraubt. Stattdessen Jogger, Fußgänger, Radfahrer und einige wenige Autos auf den Straßen. Zugegeben normalerweise ist diese Straße, die wir gerade kreuzten eine sehr viel befahrene. Sie verbindet den Flughafen, die Halbinsel und ein paar kleinere Stadtteile mit dem Stadtkern. Getrennt durch einen einspurigen Tunnel. Ein Nadelöhr. Der Mount Vic Tunnel, der unter dem gleichnamigen Mount Victoria erbaut wurde.  Wir entschließen uns an der Wasserseite entlang zu spazieren. 

Vorbei an Bootsanlegern, kleineren Stegen und knuffigen Bootshäusern. Die Bucht ist meistens durch den Mount Vic vom Wind geschützt und daher nicht so windig wie viele andere Teile der Stadt. Nach einer Weile drehen wir um und traten den Rückweg an. 

Für einen geplanten Tag auf der Couch, war das doch ein recht aktiver Walk. 

 

17:34 Uhr 

Meine Frau hatte, noch bevor wir losgingen, einen Kuchen gebacken. Mit frischen Äpfeln und Cranberries. Als wir zurückkamen, nahm sie ihn aus dem Ofen, in dem dieser noch immer stand, und servierte jedem ein Stück. Lecker. Genau das richtige nach solch einer Anstrengung. 

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Sabine (Dienstag, 31 März 2020 05:39)

    Hallo Sven, hier ist strahlender Sonnenschein aber nur 7 Grad...das richtige Wetter um bei der Gartenarbeit nicht ins schwitzen zu kommen ��� Ich möchte mal Danke sagen dafür das du mich jeden Tag zum Lachen bringst und freue mich schon auf morgen � liebe Grüße an dich und deine Familie ��