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Tag 26 - Barfuss nach Hollywood

07:23 Uhr 

Der Wecker ruft uns. Er möchte, wie jeden morgen, nicht weiter faul rumliegen. Ganz im Gegenteil zu uns. Wir hätten nichts gegen ein paar Minuten länger. Aber nützt ja alles nichts. Mit dem kleinen im Arm geht es zurück ins Bett. Noch ein wenig kuscheln, bis der Hunger uns erneut aus dem Bett treibt. Der Tag kann also beginnen. Nach der anstrengenden Schlacht gestern, muss es etwas ordentliches geben, denke ich. Ich heize den Ofen vor und bereite ein Blech mit Bacon vor, während ich Toast, Marmelade, Erdnussbutter und Nutella bereitstelle. Nach etwa 20 Minuten ist der Bacon schön knusprig und ich werfe zwei Spiegeleier in die Pfanne. Es gibt doch nichts über ein Bacon and Egg Frühstück, mit frisch aufgebrühtem Kaffee selbstverständlich. Die zweite Scheibe wird dann mit Erdnussbutter, Bacon und Banane belegt. Eine grandiose Kombi. Sollte man mal probiert haben. 

 

 

09:40 Uhr

Gestern hatten wir nun also den dritten Teil der Herr der Ringe Trilogie gesehen. Zum gefühlten hundertsten Mal. Doch noch immer haben diese Filme nichts an ihrem Zauber verloren und begeistern uns immer wieder aufs Neue. Das hat verschiedene Gründe, zum einen natürlich weil sie einfach eine tolle Geschichte erzählen. Aber ebenso weil die Filme eine absolut unglaubliche Liebe zum Detail beherbergen. Und das sieht man in jeder Sekunde. Wir haben in den letzten Jahren viele der Drehorte besucht. Unter anderem das Hobbit Dorf "Hobbingen". Dieses ist hier auf der Nordinsel in Matamata gebaut worden und seit der Verfilmung des Hobbits als dauerhaftes Set erhalten geblieben. Ganz zur Freude der Fans aus der ganzen Welt. Man kann dort Führungen buchen und sich das malerische Dorf ansehen. Die Tourguides teilen viel Hintergrundwissen zu den Dreharbeiten mit und umso mehr erstaunt es immer wieder wie liebevoll hier alles behandelt wurde. Fangen wir aber nochmal am Anfang an. Wie unrealistisch die ganze Sache doch entstanden ist. Peter Jackson, ein Regisseur aus Neuseeland, war zu dem Zeitpunkt nicht gerade sehr bekannt. Er war überwiegend mit Splatter Horror Filmen in der Szene bekannt und hatte nur einen international etwas erfolgreicheren Film. Dieser Regisseur, übrigens meistens Barfuß anzutreffen, geht nun also zu diversen großen Hollywood Produktionsfirmen und erzählt von seiner Vision. Er will den Herrn der Ringe verfilmen. Ein eintausendzweihundert Seiten Buch, das bis dato immer als unverfilmbar galt. Somit würde ein Riesen Budget gebraucht und viele Firmen sprangen direkt ab. Geplant war ein Zweiteiler, da ja niemand so verrückt sein könnte, drei Filme zu finanzieren. Tatsächlich gelang es ihm eine Firma zu finden, die sein Vorhaben unterstützt. Mit der Bedingung, das es drei Filme zu den drei Büchern werden. Der Rest ist Geschichte. Die drei Teile wurden zeitgleich gedreht und gefühlt war ganz Neuseeland an den Dreharbeiten beteiligt. Egal ob Schmied, Pferdebesitzer, Schneider oder Bierbrauer, jeder war irgendwie ein wenig in die Verfilmung mit eingebunden. Denn alles wurde handgefertigt. Es gab ja nichts von der Stange. Und man wollte ja keine Low-Budget Produktion abliefern. 

 

Wieviel Liebe zum Detail hier aufgebracht wurde, kann man sich in zahlreichen Dokumentationen ansehen. Eine Sache möchte ich hier dennoch erwähnen. Als wir vor zwei Jahren in "Hobbingen" waren, haben wir die Abend Führung mit anschließendem Bankett gebucht. Also erst eine Führung durch das Dorf mit vielen Fotostopps und Geschichten, gefolgt von einem Riesen Buffet im örtlichen Pub. Dem grünen Drachen. Für die Dreharbeiten wurde eigens eine Biersorte kreiert, die es nur hier zu erwerben gibt. Ein winziges Detail das es im Film zu sehen gibt ist folgendes. Im Buch wird beschrieben, wie die kleinen Hobbitkinder unter Pflaumenbäumen toben. Das Problem hierbei ist, Hobbits sind sehr klein. Die Kinder folglich noch kleiner. Die Pflaumenbäume in Neuseeland nicht. Das Hobbit Dorf ist ein Jahr vor Drehbeginn gebaut und bepflanzt worden, damit das Set möglichst natürlich wirkt. Man pflanzte also die Apfelbäume entlang der Wege. Moment, sollten es nicht Pflaumenbäume sein? Richtig. Am Tag des Drehs, wurden die Äpfel allesamt gepflückt und der Baum mit Pflaumen behängt. Die Szene war im Kasten und fertig für den Film. Diese spezielle Szene sollte ganze zehn Sekunden im Film zu sehen sein und weiter keine große Relevanz haben. Es war nur ein Detail im Hintergrund.

 

In etwa so waren die Dreharbeiten bis zum Schluss. Viele der Szenen, konnten nur durch Einfallsreichtum entstehen. Diverse neue Techniken wurden entwickelt um den Ansprüchen gerecht zu werden. Die Effekt Firma Weta, die hinter all den aufwendigen Sets, Masken, Spezialeffekten und der digitalen Nachbearbeitung steckt, ist seit den Dreharbeiten weltweit eine der führenden Effektschmieden und in etlichen Mega Produktionen, sei es Avengers, Avatar, Warcraft oder auch Alita - Battle Angel beteiligt. Zum Zeitpunkt der Herr der Ringe Dreharbeiten, war dies noch eine kleine Hinterhof Butze irgendwo in Wellington.

 

Einige der Drehorte befinden sich direkt um die Ecke und wir können diese zu Fuss erreichen. Leider sieht man nicht mehr allzu viel davon, da natürlich einiges dafür vorbereitet wurde. So wie zum Beispiel, die markante Szene aus dem ersten Teil, in dem die vier Hobbits sich vor einem schwarzen Reiter unter einer großen Baumwurzel verstecken. Dieser Weg befindet sich auf dem Mount Victoria, keine 20 Minuten Fußweg. Nur den Baum findet man hier nicht. Dieser war in einem Studio gebaut worden, dort für den Dreh positioniert und folglich danach wieder entfernt. Verrückt, oder? Aber so sind sie hier unten halt. Die Uhren ticken hier ein wenig langsamer und dennoch sind die Kiwis, wie sich die Neuseeländer selbst nennen, in vielen Bereichen ganzen oben angesiedelt.

 

Bevor ich mit dem Thema abschließe, noch ein paar Worte zu der Hobbit Verfilmung. Und nein, ich verspreche hier nicht, das Thema nicht nochmal aufzugreifen. Die Hobbit Trilogie ist für mich sehr enttäuschend gewesen. Aber mit Ansage. Das hat auch mehrere Gründe. Zum einen handelt es sich bei der Buchvorlage um ein Kinderbuch, mit etwas mehr als dreihundert Seiten. Diese wurden auf drei Filme aufgeteilt, wie zuvor der Herr der Ringe. Mit dem Unterschied, dass der Herr der Ringe eintausendzweihundert Seiten umfasst. Also wurde aus deutlich weniger Geschichte, eine neue Trilogie erzwungen. Das lag leider überwiegend an den Produktionsfirmen, die mehr Anforderungen und Wünsche hatten. Außerdem gab es deutlich mehr Machtkämpfe im Hintergrund. Der eigentliche Regisseur sprang noch während der Anfangszeit ab und Peter Jackson, vorher lediglich Produzent, übernahm erneut die Regie. Ohne große Vorbereitung, wie es noch bei der ersten Trilogie war. Somit war qualitativ schon einiges auf der Strecke geblieben. Dazu kommen viele Inhalte, die von den Büchern stark abweichen, neue Charaktere werden dazu gedichtet, kurz erwähnte Charaktere aus dem Herrn der Ringe werden zu Hauptrollen geschrieben und zudem wurde extrem viel CGI genutzt. Die Dreharbeiten im ganzen, waren eher eine Qual, für jeden am Set, wenn man sich die Hintergrund Dokumentationen mal ansieht. Ganz zu Schweigen von der ganzen Politik ums Geschäft.
Nur mal ein Beispiel: Die neuseeländischen Schauspieler wurden weit weniger gut bezahlt, als die Internationalen, obwohl die Rollen genauso groß waren. Nachdem diese ihren Unmut kundgetan hatten, waren diese nicht mal mehr zur Weltpremiere geladen. Durften aber erscheinen, wenn sie die Flugtickets selbst bezahlen würden. Was für eine Wertschätzung. Das kam natürlich nicht vom, mittlerweile Sir gewordenen, Sir Peter Jackson, sondern von der Produktionsfirma aus dem gelobten Land. Leider eine vertane Chance, wie ich finde, denn in Ansätzen sind die Filme gut. 

 

Mittlerweile hat sich Amazon übrigens einige der Rechte gesichert und arbeitet an eine Serie, die im zweiten Zeitalter stattfinden soll. Wir werden wohl kaum altbekannte Gesichter zu sehen bekommen, aber warten wir es ab. Es gibt bisher wenig bis gar keine offiziellen Infos. Zur Zeit sind außerdem die Dreharbeiten unterbrochen, wegen der Corona Geschichte. Hilft ja alles nicht, müssen wir abwarten. Ich habe übrigens kein gutes Gefühl bei der Sache, bereits mit der Ankündigung.

Aber ich hoffe darauf, dass ich diesmal falsch liege. Daumen drücken.  

 

 

14:12 Uhr

Wieder im hier und jetzt, sind wir gerade mit dem Mittagessen fertig. Der kleine Mann hat seit einigen Wochen seine ersten zwei Zähne und nagt an allem was er in die Finger bekommt. Und das ist eine ganze Menge. Er ist mittlerweile auch ziemlich agil geworden und auch wenn er noch nicht krabbelt, zieht er doch schon ziemlich weite Kreise indem er sich solange vom Rücken auf den Bauch rollt, bis er am gewünschten Ziel ist. Das ist schon eine ganz große Freude zu sehen, wie der kleine Fortschritte macht, während die ganze Welt anscheinend immer mehr durchdreht. Ihn kümmert das alles nicht, für ihn ist nur wichtig das Mama und Papa da sind. Er erkundet fröhlich seine Welt, bringt uns jeden Tag zum lachen, was gerade in dieser Zeit sehr schön ist.
Denn wo wären wir, wenn wir nicht mal mehr lachen können. 

 

 

18:37 Uhr

Der Nachwuchs wird langsam müde und der Tag neigt sich dem Ende entgegen. Es ist der vorletzte Abend, bevor ich mit dem Home Office beginne. Das fühlt sich irgendwie komisch an. Am Anfang der vier Wochen erschien es so unendlich lang. Die letzten Wochen vergehen deutlich schneller, wie man es aus dem Urlaub kennt. Jetzt ist es nur noch ein Tag frei, bevor die Arbeit wieder einen Großteil des Tages einnimmt. Aber ich bin happy. Langsam wieder etwas Normalität, einen geregelten Tagesablauf und eine Aufgabe, abseits von dem was man sich selbst auflegt. Achja und die Frau kann sicher sein, dass ich nicht auf noch mehr dumme Ideen komme. Eventuell. 

 

Ab auf die Couch und die letzten eineinhalb Stunden von "Die Rückkehr des Königs" genießen. Oh, hatte ich gesagt ich lass euch damit in Ruhe? Das wird wohl nichts, das Thema lässt mich nicht los. Das müsst ihr wohl über euch ergehen lassen. 

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Kommentare: 2
  • #1

    Miri (Donnerstag, 23 April 2020 16:26)

    Gibt schlimmere Themen würde ich sagen :D

  • #2

    Sabine (Donnerstag, 23 April 2020 19:39)

    Da du ja sehr anschaulich schreibst ist es ertragbar ;) habt einen schönen Tag und genieße ihn bevor dich der Alltag wieder einholt :-)