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Tag 1 - Lasset die Quarantäne beginnen

6:40 Uhr

Der Zwerg entschied auch diese Nacht nicht in seinem Bett beenden zu wollen und fing lauthals an sich zu beschweren. Ich ging hinüber in sein Zimmer und nahm ihn auf. Verschlafen blickte er mich an.

Spürte er die drückende Stimmung? Wurde ihm bewusst, dass wir heute nicht spazieren gehen würden?

Negativ. Die Nase lief noch immer. In der aufrechten Position konnte er besser atmen und schlief noch an meiner Brust auf dem Weg ins Schlafzimmer ein. Ich setzte mich auf meine Bettseite. Er begann leise zu schnarchen. Gut, dann könnte man eventuell doch noch ein paar Minuten dösen, bevor der Tag beginnt. Ihn zwischen uns zu legen, was normalerweise unsere Art war, klappte allerdings nicht. Sobald ich ihn ablegen wollte, kamen die Beschwerde Rufe. Also zurück auf den Oberkörper und in halb liegender, halb sitzender Position den kleinen auf dem Arm halten. Mein Rücken wird es mir danken. Dennoch genieße ich es. Circa eine Stunde später wird meine Frau wach. Ich hatte nicht mehr wirklich geschlafen. Die Position war nicht gut dafür geeignet. Mein linker Arm hingegen schlief noch immer tief und fest. Ich hörte ein leises schnarchen. Recht unüblich für einen Arm, dachte ich. Dann blickte ich auf den kleinen Zwerg, der meinen Arm unter sich begrub und friedlich vor sich hin döste.

 

 

9:13 Uhr

Nach einem schnellen Müsli Frühstück fühle ich mich gestärkt. Dennoch war mit heute nicht so richtig nach Hausarbeit.
Das Wetter war zwar trocken, aber auch noch recht frisch. Ich entschied mich doch erstmal die erste Regel der Corona Krisenbewältigung zu befolgen. Ich legte mich auf die Couch. Doch es dauerte nicht lange, da kam in mir wieder der Tatendrang durch. 

Ich musste also was machen. Was wo ich mich bewegen kann. Aktiv gegen die Apokalypse sozusagen. Und so etwas erledigt sich ja auch nie von alleine, nicht wahr? Ich raffte mich also hoch, betätigte schnell den Knopf vom Wasserkocher und schnappte mir sehr energisch die beiden Controller der Nintendo Switch. Im Gegensatz zu allen anderen Spielekonsolen, hatten die beiden separaten Controller Gestensteuerung und man konnte durch kippen und drehen bestimmte Manöver ausführen. Damit war der aktive Teil schon mal erledigt und Hyrule muss ja schließlich immer noch gerettet werden. Um die Fragezeichen über euren Köpfen zu entfernen eine kurze Erklärung. 
Hyrule ist die fiktive Welt in der sich der Protagonist "Link" bewegt. Das Land wurde von einem schrecklichen Fluch belegt und, wie meistens in solchen Spielen, ist man der einzige weit und breit, den das was kümmert. Alle anderen gehen meistens ihrem Tagesgeschäft nach und ignorieren das Problem oder schieben zu große Angst als Ausrede vor. Als Link läuft, rennt, springt oder reitet man also umher, erledigt kleine Aufgaben, lernt Kämpfen, besiegt zahlreiche Gegner und arbeitet sich nach und nach bis zum Endgegner vor. 
Das klingt ziemlich anstrengend, also fokussiere ich mich auf das kochen von Gerichten, die meinen Helden stärken und das sammeln von Waffen, schließlich weiß man ja nie wann mal wieder ein Schurke um die Ecke kommt. 

 

 

11:04 Uhr 

Draussen ist das Wetter inzwischen schön warm geworden. Immer noch keine Anzeichen von Weltuntergang, also doch noch etwas frische Luft schnappen. Das Beet hatte irgendwann mal einen kleinen Weg bekommen, der allerdings etwas kürzer ist, als das eigentliche Beet. 
Die Gattin hatte sich seit Monaten schon Stück für Stück durch das Beet gearbeitet und allerhand Unkraut entfernt, alte Bepflanzungen aufgepäppelt, neue Kräuter gepflanzt und noch mehr Unkraut gezupft. Ich sollte nun also den Weg fertig stellen. 

Ich könnte jetzt natürlich beschreiben wie ich jeden einzelnen Stein unter widrigsten Umständen in Position gebracht habe, dabei den Urgewalten trotzte. Allerdings war es weit weniger spektakulär. 

 

 

15:25 Uhr 

Pünktlich um drei gab es wieder ein Update zur Krise im Fernsehen. Die neuesten Zahlen, ein paar beunruhigende Neuigkeiten vom Rest der Welt. Ansonsten alles wie gehabt. Bleibt zu Hause, haltet Abstand, wascht euch die Hände. 

Das Fernsehen ist voll mit Sondersendungen und Werbespots zum Thema. Neuseelands A-Promis geben sich die Ehre und haben in

Selbst-Isolation einen Spot zusammengeschustert um selbst dem letzten nicht-Versteher zu zeigen, es ist Ernst. 
Bleibt zu Hause, wir tun es auch, so die Botschaft. Spätestens jetzt wo alle Rugby Spiele pausiert, verschoben und sogar die olympischen Spiele vertagt sind, sollte es doch jeder mal verstanden haben. 

Bereits vor Wochen musste jeder der das Land betritt sich in eine 14-tägige Selbst-Isolation begeben.  Die Auflagen waren allerdings etwas lasch und auch vage definiert. Einige, vor allem Urlauber, haben diese lustig ignoriert und somit ein hohes Risiko mitgebracht. 

Die Regierung ist dagegen vorgegangen, hat Kontrollen angedroht, der Polizei die Befugnisse erteilt und schon lief es besser. 

Einer der Highlights aus den Nachrichten, kam letzte Woche.

Ein Pärchen aus Hong Kong war auf die Südinsel in den Urlaub geflogen. Angekommen, in den Mietcamper und los. Bis hierhin kein Problem, man kann durchaus im Campervan die 14 Tage Selbst Isolation verbringen, solange dieser über sanitäre Anlagen, sowie über eine Kochgelegenheit verfügt. Nur das benutzen von öffentlichen Toiletten, Gemeinschaftsküchen etc. war zu vermeiden. 

Das schließt doch aber keinen Helikopterflug über die malerischen Südalpen ein, oder? Leider doch. 

Unbeeindruckt von den Auflagen, kamen die beiden also bei dem Flugplatz an, gingen an Bord eines Helikopters und los ging der Flug. 

Im Gespräch mit dem Piloten kam heraus, das sich diese erst seit drei Tagen in Neuseeland befinden und somit in Quarantäne sein müssten. Kurzerhand drehte der Pilot ab und flog das Pärchen direkt zur Polizei, übergab diese und sie wurden des Landes verwiesen. So schnell kann der Urlaub vorbei sein. 

Das zeigt einmal mehr den Kiwi Style den ich so lieben gelernt habe.

Kiwis - so nennen sich im übrigen die neuseeländischen Einwohner, zu Ehren des flugunfähigen Nationalvogels 

 

17:49 Uhr 

In zehn Minuten fangen schon wieder die Nachrichten an. Mit neuen Updates. Neuen Zahlen. Soviel sollte sich doch kaum verändert haben in den letzten drei Stunden. Nein, diesmal schauen wir keine Nachrichten. Man sollte sich auch mal auf andere Sachen konzentrieren. 

Das ist wirklich eine ziemlich verrückte Zeit in der wir uns befinden. Aber wir machen das Beste daraus. Das haben wir doch schon immer gemacht. Nur nicht den Kopf in den Sand stecken. Oder war das den Sand in den Kopf stecken? Solange es nicht der eigene Kopf ist...

Okay, bevor mir in den nächsten Tagen und Wochen die Decke auf den Kopf fällt. Oder der Sand? Habt ihr es auch immer gehasst, wenn der Sand auf der Decke gelandet ist, wenn man am Strand war. Wo war ich? Achja, Lagerkoller vermeiden. Ich muss mich also beschäftigen. Neben all den Projekten im Garten, den unzähligen noch zu bearbeitenden Bildern, der immer länger werdenden Liste auf dem Whiteboard, brauchte ich was zu tun. Mein Frau verdrehte mal wieder die Augen. Der kleine Mann ebenfalls. Das kann er seit dem ersten Tag, als er die Augen öffnen konnte. Er kommt definitiv nach mir. Oder wie viele Kinder kennt ihr, die seelenruhig bei Ronnie James Dio's - Heaven and hell einschlummern? 

 

Vielleicht schreibe ich mal einen kleinen Text auf Facebook und werde kreativ...oder eine kleine Geschichte? 

Eventuell wird es sogar ein Buch. Da ist definitiv genug Mist in meinem Kopf um eine Enzyklopädie zu füllen. 

Ich fange einfach an und schau mal wie es läuft. 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    DAD (Samstag, 28 März 2020 07:43)

    :-)) Super geschrieben! Hmmh, dann haste ja doch was von mir :-)

  • #2

    Sabine Schoenhoff (Samstag, 28 März 2020 10:47)

    Klasse, freue mich schon auf den nächsten Teil � liebe Grüße aus dem sonnigen Nordassel, wir haben das Wetter ( und die freie Zeit �) genutzt um den Garten aufzuräumen......natürlich nicht fertig geworden ���