· 

Tag 2 - Der Panzer bleibt daheim

08:07 Uhr

Nach dem wachwerden, erstmal schauen was die Online Welt so parat hält. 
WhatsApp, Emails und Facebook. Nicht viel Neues in der Welt. Einige Benachrichtigungen auf Facebook. 
Die ersten Likes und Kommentare zum meinem Bildband mit dem Thema, Usbekistans schönste Beutelratten. Ach, der war ja weder veröffentlicht, noch in Planung. Also muss es was anderes sein. Achja, ich hatte meinen ersten Text auf Facebook hochgeladen. 

Die Resonanz war positiver als erwartet. Das freute mich. Die Leute fragten nach mehr. Verdammt, warum hab ich damit angefangen. Ich schaffe es doch immer wieder mir selbst Arbeit aufzuhalsen. Aber andererseits, machte es mir ja Spaß. Dann mache ich wohl weiter. 

 

Gut Gelaunt stehe ich also auf und wanke in meinen Bademantel gehüllt in die Küche. Ich war als erster aufgestanden, was nicht allzu häufig vorkommt. Ich starte wie üblich mit einem schönen, heißen Kaffee. Dann möchte ich die positiven Kommentare gebührend feiern. 

Der Ofen wird mit Bacon befüllt und die Pfanne kümmert sich um das Rührei. Auf dem Tassenboden schaut mich der traurige Rest meines Kaffees an. Zeit für einen zweiten, bevor ich den Tisch mit Wurst, Käse und süßen Kostbarkeiten wie etwa Marmelade, Erdnussbutter und Nutella decke. Meine Frau und der Nachwuchs kommen dazu und wir frühstücken gemeinsam am großen Esstisch. 
Draußen sieht es schön aus. Nicht zu windig, was in Wellington nicht unüblich ist. Die Hauptstadt ist für seine starken Winde berühmt. Es ist offiziell die windigste Stadt der Welt. Mit einem Durchschnittswert von circa 27 km/h. Aber das gehört nunmal dazu.

Und wie heißt es hier so schön? "You can't beat Wellington on a sunny day." Und das können wir nur bestätigen. 

Mit seinen Stränden, viel grün, Promenaden, zahlreichen Buchten, dem riesigen botanischen Garten und dem Mount Victoria, einem Berg mit mehreren Aussichtspunkten, Wander- und Radwegen und einigem mehr an Aktivitäten ist immer was zu erleben oder zu erkunden. 

 

Ganz nebenbei wurden in dieser Region zahlreiche Szenen für die Dreharbeiten der legendären "Der Herr der Ringe" sowie "der Hobbit" Trilogien gedreht. Viele davon sind zu Fuß zu erreichen, kosten keinen Eintritt und sind somit ein beliebtes Touristenziel.
Wir sind zwar keine Touristen mehr, aber auch uns als absoluten Nerds, zieht es immer wieder dorthin. Zum spazieren oder in Erinnerungen schwelgen. Ebenfalls nicht weit von uns sind die Weta Studios, die Studios die für die Effekte zuständig waren und bis heute bei unzähligen Filmen mitwirkten. Ziemlich erstaunlich wenn man bedenkt, wie weit man doch vom Rest der Welt entfernt ist. 

 

9:48 Uhr 

Mit Kaffee, Laptop und Kopfhörern bewaffnet, mache ich mich wieder ans Werk. Die Leserschaft (alle drei) wartet auf Nachschub. 
Das gibt mir ein gutes Gefühl und ich setze mich ans schreiben. Wenn ich zu jedem Tag eine Seite schreibe, dann sollte es ja ausreichen. 
Nach etwas mehr zwei Stunden, bin ich mit dem letzten Tag vor dem Lockdown fertig. 

Es sind drei Seiten. Sobald ich erstmal drin bin, fallen mir viele Sachen ein, die ich einbringen kann und das schreiben geht wie von selbst. 

Meine Frau wird sich gleich zum einkaufen begeben. Ich schnappe mir den kleinen und sie bereitet sich vor. 

Atemschutzmaske, Kampfstiefel, Jagdgewehr. Hast du den Panzer schon getankt, fragt es aus dem Schlafzimmer. "Nein." antworte ich. 

Sie kommt um die Ecke und zu meiner Verwunderung trägt sie ihre normalen Klamotten. Die Panik ist also auf mich übergesprungen und ich verliere mich in meinen eigenen Gedanken. Einer dunklen Einöde. Verrottende Gebäude seitens der Straßen. Brennende Autowracks blockieren die Innenstädte.  Vermummte Personen schützen die wenigen Habseligkeiten, die sie noch retten konnten.  Diejenigen die noch die Möglichkeit hatten, luden ihr Boot oder Schiff mit Proviant und verließen das Festland. 

Draußen hingegen ist es schön sonnig. Die Bäume immer noch in sattem grün, Vögel zwitschern um die Wette und weit und breit keine Wolke am Himmel. Wieder einmal lässt die Apokalypse auf sich warten. Oder sie wiegt uns in Sicherheit und überrumpelt uns klammheimlich, wenn wir es am wenigsten erwarten. Ich überlege ob ich einen Bunker bauen sollte. Verwerfe die Idee aber schnell, nachdem ich realisiere mit Mülltüten, einem nicht geladenen Akkuschrauber, kaum Werkzeug und vor allem keinem einzigen Sack Zement, würde sich das als etwas schwierig erweisen. Ich könnte das Haus Stück für Stück zerlegen und es als Baumaterial verwenden. Aber auch das wird nichts. Wir haben gemietet und damit wäre die Kaution vermutlich nicht zurück zu fordern. 

 

11:41 Uhr

Meine Frau entscheidet sich gegen den Panzer. Vermutlich weil der nicht voll getankt war. Obwohl dieser die Parkplatz erheblich vereinfacht nimmt sie den Toyota. Naja, ist ja schließlich ihre Entscheidung. Ich stelle mich innerlich auf ein Leben als alleinerziehender Vater, der sich in dieser kriegsähnlichen Situation mit dem Sohnemann alleine behaupten muss. Immerhin hatte ich einen guten Grund zu kämpfen. Nach circa eineinhalb Stunden kam jedoch die Frau zurück. Ich schaute vermutlich etwas verdutzt, ließ mir aber nichts anmerken. Als der kleine nach seinem Mittagssnack rief,  war ich dennoch froh. Sie erzählte mir von den neuen Regeln, die nun beim einkaufen gelten. Die Zahl der Personen, die sich gleichzeitig im Markt aufhalten dürfen, ist begrenzt. Ein Mitarbeiter steht vor der Tür und sorgt für die Einhaltung dieser Regel. Innen angekommen, desinfiziert man sich die Hände, schnappt sich einen Einkaufswagen, desinfiziert diesen und geht hinein. Im Markt halten sich die meisten an das Abstand halten. Man wartet geduldig bis der Vordermann seine Einkäufe aus dem Regal nahm, griff dann selber zu und ging weiter. Bis auf Mehl und Backmischungen ist alles in ausreichenden Mengen vorhanden. Sogar Toilettenpapier. An den Kassen wird ebenso brav der Abstand eingehalten, überwacht vom Personal, klappt auch das. 

 

13:07 Uhr

Mein Chef ruft an. Per Video Call. Es muss also wichtig sein. Die Regierung hatte unserer Firma finanzielle Unterstützung zugesagt. 
Das war eine großartige Nachricht. Niemand aus der Firma würde somit seinen Job verlieren und sei, zumindest für eine begrenzte Dauer, auf Nummer sicher. Natürlich gelten auch die neuen Bestimmungen für uns alle und wir verbringen einige Wochen zu Hause bevor wir wieder ans alltägliche Geschäft denken können. Aber alles in allem eine großartige Nachricht. 

 

14:53 Uhr 

Um das rumsitzen nicht zur Routine werden zu lassen, schauen wir auf die Liste mit den Dingen die wir erledigen wollten. 

Das Wetter schlug etwas um. Leichter Regen zog über die Region. Gartenarbeit fällt somit aus. Da war ja noch ein angefangenes Projekt im Kinderzimmer. Eine Dekoration für die große Wand, die uns etwas zu steril vorkam. Wir hatten bereits vor Wochen angefangen große Palmen aus Kork zu basteln, diese waren bereits an das große Laken, welches als Unterlage diente, angebracht. Nur mit Palmenblättern sah es noch mau aus. Wir hatten bereits sämtliche Materialien dafür besorgt und mussten nur noch die Blätter ausschneiden, sowie an die Wand anbringen. Gesagt, getan. Nicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis, aber dennoch erstmal abgeschlossen für heute. Es wurde nämlich schon langsam dunkel und es wurde Zeit für sein Abendbrot und seine Gute-Nacht-Geschichte. 

 

19:47 Uhr

Der Junior ist kurz vor dem einschlafen und wir können uns mit der Abendplanung beschäftigen. Um sich von dem ganzen Krisen Gerede, den schlechten Nachrichten aus der ganzen Welt und sämtlichen Katastrophenszenarien abzulenken, entschieden wir einen Film zu schauen. Gemütlich auf der Couch liegen, ohne die Smartphones in der Hand, einfach mal zusammen abzuschalten. Eine romantische Komödie zum Beispiel. Was schön schnulziges vielleicht. Mit Hugh Grant, Richard Gere oder zur Not auch Til Schweiger. 
Til Schweiger ist ja dafür bekannt, seine Filme selbst zu schreiben, zu produzieren und die Hauptrolle, sowie zwei Nebenrollen (männlich oder weiblich) und den Dackel des Nachbarn zu spielen. Wobei sein Schauspiel eher aus einem Gesichtsausdruck besteht, mit dem er sämtliche Gefühlsmomente darzustellen versucht. Ob er gerade verärgert, verliebt, glücklich oder einen Herzinfarkt hat, kann man meistens erst aus der Reaktion des Schauspielkollegen erkennen. Kleiner Tipp: Untertitel für Hörgeschädigte geben einem Hinweise. 

 

Nach einigem Hin und Her waren folgende Titel bereits aus dem Rennen: 

  • Jumanji 2
  • Tucker and Dale vs. Evil
  • Ghostbusters
  • Star Wars: Episode I - IX
  • Die Goonies sowie
  • das Texas Chainsaw-Massacre 

Blieb ja nicht mehr viel über, was den Kriterien entspricht. Die Wahl fiel auf Zombieland 2. 
Vielleicht kann man ja doch den ein oder anderen Tipp mitnehmen. Wenn nicht, war der Abend trotzdem nicht verschwendet, denn Woody war wieder einmal grandios und eine Liebesgeschichte gab es ja schließlich auch. 

 

 

 

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Sabine (Sonntag, 29 März 2020 05:35)

    Du schreibst sehr anschaulich, ich sehe das alles vor mir, echt klasse � Heute hat es geschneit � also ist Couching angesagt � Liebe Grüße und einen schönen Tag �

  • #2

    Miri (Montag, 30 März 2020 07:46)

    Ääääääh, wie kann man sich gegen Tucker and Dale vs evil entscheiden? Beste romantische Komödie ever!!