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Tag 9 - Alltagsmagie

07:45 Uhr 

Der Wecker möchte auf die Toilette. Es ist meine "Runde". Ich quäle mich also aus dem schönen warmen Bett, gehe hinüber ins Kinderzimmer und schaue was so vor sich geht. Der Nachwuchs, liegt in seinem Bett, auf seine Arme gestützt und kaut munter auf seinem Gute-Nacht-Dino Hermann herum. Wer sich jetzt fragt woher dieser Name kommt, dem sei gesagt, ich war seitdem ich denken kann, Fan des Hamburger Sport Vereins. Bevor ich denken konnte, war ich doch tatsächlich für die Lederhosen-tragenden verwöhnten Snobs aus dem Süden, unfassbar. Seitdem hatte ich aber die Raute im Herzen. Und unser Maskottchen ist nun mal der Dino Hermann. Benannt nach dem legendären Hermann Rieger, seines Zeichens Masseur der ersten Mannschaft über 26 Jahre hinweg. Gott habe ihn selig. Der einzige Verein der Bundesliga Geschichte, der diese mitbegründet und niemals in die zweite Liga abgestiegen war, weswegen man ihn als Dinosaurier der Liga bezeichnete. Dies änderte sich erst 2018, als die Mannschaft nach 55 Spielzeiten erstklassig, in die zweite Liga ging. Ein schwarzer Tag in der Geschichte. Ich erinnere mich daran, als wäre es gestern gewesen.

In etwa wie draußen mit anderen Menschen in einen Pub, an den Strand oder in die Stadt zu gehen.  Es kommt einem wie eine Ewigkeit vor. Dabei ist heute erst der neunte Tag der Selbstisolation. Kaum vorstellbar. Vor noch einer Woche, fuhr ich jeden Tag zur Arbeit, ging gelegentlich Einkäufe erledigen und freute mich Abends auf das zu Hause sein, die Familie und das Feierabendbier hier und da. 

 

Die erste Woche der Quarantäne war vergangen. Es spielte sich bereits ein neuer Rhythmus ein. Man stand ungefähr zur selben Zeit auf, frühstückte, hatte dann etwas Zeit bevor es Mittagessen gab. Dann wieder eine gewisse Zeit zur, "mehr oder weniger" freien Gestaltung, bis das Abendbrot und die Routine für den kleinen wieder anstand. Der Mensch ist und bleibt ein Gewohnheitstier.

Und wenn wir schon mal im Tierreich sind, kommt der Kuschelbär auch gleich mit ins große Bett.

 

 

08:31 Uhr

Die letzten Tage waren, verglichen zu meinem täglichen Bewegungspensum auf der Arbeit, doch deutlich ruhiger. Ich dachte, es wäre also Zeit mal wieder weg zu kommen, von all dem Bacon und Ei am frühen morgen. Tagtäglich dieses "fressen" gegen die Langeweile. Das hält man doch auf Dauer auch nicht durch. Abends gab es Chips, Popcorn oder andere Knabbereien. Über den Tag hinweg Müsli Riegel, Kuchen oder Kekse, wenn die Frau wieder einmal im Back-Wahn war. Man durfte ja auch nicht wirklich teilen. Weder: "Ich nehme den übrigen Kuchen mit auf die Arbeit." oder auch: "Ich habe den Nachbarn ein paar Muffins über den Zaun gereicht."

Man sollte ja jedweden Kontakt mit anderen Personen, außerhalb des eigenen Haushaltes, vermeiden. Somit blieb einem keine Wahl, als den ganzen Kuchen alleine zu verköstigen. Und backen in kleinen Mengen ist ja auch ziemlich schwierig. Was besonders derzeit auffällt.

 

Ich ging nun also zum Kühlschrank, nahm die große Milchflasche aus der Tür,drehte mich um und komme ins schwanken. Die bereits geöffnete drei-Liter Flasche Milch, glitt mir aus der Hand und flog im hohen Bogen Richtung Küchenzeile. Oh je, denke ich noch im Versuch des Nachfassens. Ich erwähnte bereits, das ich vor meinem ersten Kaffee nicht ganz zurechnungsfähig bin, oder?

Zu meinem Glück, landete die übergeschwappte Milch, geradewegs in die ebenfalls offen stehende Pancake Fertig-Mix Flasche. Kein Tropfen ging daneben. Und wie durch ein Wunder waren exakt 210 ml Milch in der Schüttelflasche der Teigmischung gelandet. Bei dem restlichen drittel Flascheninhalts, ging dies genau auf. Durch das Auftreffen der Milch, verlor die Flasche ihr Gleichgewicht und fiel mitsamt, dem daneben liegenden Deckel zu Boden. Wie dieser Deckel es nun schaffte, sich wiederum auf den Flaschenhals zu drehen, entzieht sich meines Wissens. Die Tatsache, nicht den Boden wischen zu müssen, ließ mich diese Frage vergessen. Den Schock mit einem Kaffee bekämpfend, goss ich nun die fertig geschüttelte Pancake Mischung in die Pfanne, die ich zeitgleich mit der Kaffeemaschine anheizte. Manche Dinge kann man nicht erklären. Ihnen scheinen keine physikalischen Gesetze zu Grunde zu liegen, dennoch passieren sie. Einige sprechen hier von kleinen Wundern. Andere wiederum von Zauberei. Ich nenne sie einfach die Magie des Alltags, die nur allzu häufig übersehen wird. 

 

 

10:03 Uhr

Eine weitere Video Konferenz war angesetzt. Nein, diesmal nicht von meiner Firma. Der Nachwuchs, ebenfalls an das Haus gefesselt, wollte seine Freunde wiedersehen. So zumindest sagte sein freudiges Gesicht, als die anderen Kids auf dem Bildschirm erschienen.

Die Frauen aus unserem Vorbereitungskurs, trafen sich normalerweise zum spazieren gehen, Kaffee trinken oder anderen örtlichen Aktivitäten. Bei so einem Lockdown ist aber auch dies nicht möglich und so trifft man sich halt online. Die kleinen freut es. Auch wenn sie natürlich nicht ganz verstehen, was hier so richtig vorgeht. Aber wer macht das schon? Oma und Opa kommen schließlich auch immer wieder mal in einem kleinen, eckigen Kasten zu Besuch. 

 

 

14:49 Uhr 

 

Das Wetter lädt mal wieder zum draußen verweilen ein. Wieder in den Garten? Zu viel Arbeit. Die Runde an der Bucht entlang? Bei dem Wetter bestimmt wieder überlaufen mit Joggern und anderen schrecklich sportlichen Menschen. Vielleicht mal wieder eine größere Runde über den Mount Victoria? Ein bisschen ins Grüne? Genau das richtige. Diesmal wird der Zwerg in seinen Tragegurt gesteckt und wir wanderten munter drauf los. Durch die kleine Ladenstraße, an geschlossenen Läden und dunklen Schaufenstern vorbei, über die Brücke und schon waren wir am Waldweg angekommen. Hier ist man in einer komplett anderen Welt. Man hört kaum noch den ohnehin schon ruhigen Verkehr. Viele der Pflanzen um uns herum sind noch wie vor hunderten von Jahren. Ein sogenannter Native Forest. Also fast ausschließlich heimische Baum und Pflanzenarten. Man fühlt sich in eine andere Zeit versetzt. Man erwartet jeden Moment irgendein urzeitliches Tier, das um die Ecke springen. Die Flora und Fauna unterscheidet sich deutlich von dem was man aus Deutschland kennt. Gerade deshalb ist es auch für uns jedes mal eine kleine Entdeckungstour, auf die wir uns gerne begeben.

 

 

19:50 Uhr

Wir hatten doch tatsächlich nur noch drei Folgen der erst gestern angefangenen Serie offen. The Letter for the King. 
Na gut, es war auch eher eine Mini-Serie  mit insgesamt sechs Folgen,  aber immerhin. Bisher gefiel diese uns sehr gut, mal sehen wie es weiterginge. Es sind ja meistens die letzten Folgen, die einem die gesamte Staffel in guter oder eben schlechter Erinnerung ließen. 

Wer kennt es nicht, man schaut eine Serie über Jahre hinweg und man bekommt die Information, die letzte Staffel liefe nun an. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wartete man sehnsüchtig auf das Finale. Man will sich nicht wirklich von den mittlerweile lieb gewonnenen Charakteren trennen. Aber man will auch Wissen, wie es weiter bzw. zu Ende geht. Und dann kommt die letzte Folge. Hiernach sollte es also nicht mehr weiter gehen. Werden alle Fragen am Ende geklärt? Wird man am Ende glücklich oder enttäuscht sein? Das kann mitunter die komplette Serie ruinieren. Bei mir, und vielen anderen, war das gerade im Falle von Game of Thrones der Fall. Sechs Staffeln genial verfilmt, nicht wirklich nah am Buch, aber zumindest großes Popcorn Kino. Und dann die letzten zwei Staffeln. Viele völlig unsinnige Entscheidungen, schlampige Arbeit am Set, Handlungsstränge verlaufen im Sand. Zum Ende hin, war man froh das es zu Ende war. Aber enttäuscht von dem Finale, ist mir die Serie nicht mehr wirklich positiv im Gedächtnis. Schade eigentlich. Denn über viele Staffeln und somit Jahre, toll produziert und immer ein Grund zur Freude. Und dann wird alles innerhalb von ein paar Folgen komplett versemmelt. Naja, hoffen wir auf das Beste und geben "The Letter for the King" die Chance auf eine gutes Staffelende. 

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Kommentare: 3
  • #1

    Sabine (Samstag, 04 April 2020 02:03)

    Moin nach Neuseeland �‍♀️Ja, man muss schon aufpassen das man nicht jeden Tag das gleiche macht, oder in die Nullbock Phase rutscht.....sonst werden wir am Ende der Quarantäne alle dick und fett dasitzen und dem Virus die Schuld daran geben ���� liebe Grüße gehen raus ����

  • #2

    Miri (Samstag, 04 April 2020 05:23)

    Erzähl dann mal wie die Serie zum Ende hin gefallen hat, dann schau ich mir die auch mal an �

  • #3

    DAD (Samstag, 04 April 2020 15:15)

    Hmmmh, wie war das mit den "Lederhosen-tragenden verwöhnten Snobs aus dem Süden"?
    So ne Harley im FCB-Design hätte was.
    Denk dran, ich hab die Macht :-)))))