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Tag 14 - Halbzeit ohne Show

08:01 Uhr

Kaum zu glauben, aber wir sind bereits seit zwei Wochen in Quarantäne. Heute haben wir Halbzeit. Wenn der Lockdown nicht verlängert wird, und danach sieht es zur Zeit nicht aus, kehrt in zwei Wochen wieder etwas mehr Normalität ein. Wobei sich noch zeigen muss, wie diese denn nun aussehen soll. Ich denke, die bisherigen Resultate sprechen für sich und wir kommen eventuell mit einem blauen Auge davon. Die Welt macht eine Pause. Die war vermutlich bitter nötig. Und sollte uns doch gut aufgezeigt haben, dass wir uns alle mit deutlich weniger zufrieden geben könnten. Keine Kreuzfahrten, Urlaub in weiter Ferne, Massenkonsum und viele weitere vermeidbare Probleme der Welt. Einfach mal ein bisschen kürzer treten, auf die Umgebung achten und sich etwas mehr um andere kümmern. Nicht nur in diesen schlimmeren Zeiten. Corona ist überall. Zur Zeit kann man kein Medium nutzen, ohne auf die große Gefahr hingewiesen zu werden. Viele andere, immer dagewesene Probleme werden wie immer unter den Tisch gekehrt. Die Medien brauchen ihre negativ Schlagzeilen, für die Quoten. Sonst interessiert es ja keinen. Die deutlich höhere Anzahl an Menschen die weltweit an Hunger sterben, habe ich seit Jahren nicht mehr in den Medien gesehen. Natürlich, die werden ja immer nur zu Weihnachten gezeigt, wenn wieder das Mitleid ausgenutzt wird um Spenden zu sammeln. Aber muss man denn immer gleich so extrem werden?

 

Wir können aus dieser Krise eine ganze Menge positives ziehen, wenn wir nur wollten. Mittlerweile sollte ein jeder Depp eingesehen haben, wer die Säulen unserer Gesellschaft sind. Nach jahrelangen Verdienstkürzungen, Mindestlöhnen und Stellenstreichungen aufgrund Geldeinsparungen, werden genau diese Berufe jetzt händeringend gesucht. Berufe in der Pflege, Landwirte, Kassierer oder unzählige andere Berufe. Ich bin gelernter Veranstaltungstechniker. Mein Beruf ist nicht essenziell für die Gesellschaft. Meine Branche ist ziemlich hart getroffen worden. Die ersten die geschlossen wurden und vermutlich, mit die letzten die wieder aufmachen. Kommt mir irgendwie bekannt vor. Bei jedem Konzert, die ersten in der Halle und die letzten die raus sind.

Jahrelang wurden die Preise in den Keller gefahren. Immer weniger Geld wurde in Personal gesteckt, das Geld wurde mit Material und Verleih gemacht. Und jetzt? Jetzt fragt man sich, wieso sich keiner mal ein paar Monate ohne Gehalt über Wasser halten kann. Wovon soll man denn sparen, wenn alles für Steuern und Lebenskosten drauf geht? Plötzlich rennt jeder zum Staat und braucht Unterstützung. Zufall? Falsch kalkuliert? Zu exzessiv gelebt? Nein! Absolut absehbar. Vermeidbar. Aber es wurde halt seit langem ignoriert. 

 

Was lernen wir aus dieser Situation? Vermutlich gar nichts. Es wird wie immer viel geredet und am Ende passiert rein gar nichts. Wir werden mindestens ein Jahr mit den Auswirkungen zu tun haben. Vermutlich sogar länger. Viel länger. Und danach? In ein paar Monaten, sollten wir bis dahin aus dem gröbsten raus sein, werden die Leute wieder in den Urlaub wollen. Und die wenigsten werden sich dann noch an diese Zeit zurück erinnern und denken, dieses Jahr bleibe ich im eigenen Land. Flüge werden gebucht, es geht wieder von vorne los. 

Ich hoffe, ich liege falsch. Und vielleicht ändert sich ja doch etwas. Aber da muss jeder seinen Teil beitragen. Ein bisschen mehr auf den Nebenmann achten. In guten Service investieren. Wie oft hat man Leute gesehen, die sich im Laden von einem Verkäufer beraten lassen, um dann zu Hause bei Amazon den Artikel zu einem besseren Preis zu bestellen. Denkt mal drüber nach, warum die kleinen Geschäfte schließen. Nicht, weil der Konsum weniger geworden ist. 

 

 

11:31 Uhr 

Ich muss gestehen, das war ein harter Auftakt. Aber das musste gerade irgendwie raus. Vielleicht mache ich mir auch zu viele Gedanken, da es ja keine Zukunft mehr gibt. Wir reden vielleicht bald nur noch von "vor dem Virus" und "danach". Aber so richtig will ich mir das noch nicht vorstellen. Es wird dauern. Aber es wird wieder eine Normalität einkehren. Um ein wenig Normalität zu bekommen, entschließen wir uns, eine Runde raus zu gehen. Spazieren. Das Wetter genießen. Den kleinen im Kinderwagen, die Frau an der Seite, geht es heute Richtung Lyall Bay. Das ist schon eine ganze Ecke. Die Straßen sind wie gewohnt leer. Hin und wieder ein paar vereinzelte Personen, aber deutlich ruhiger als Normal. 

 

Lyall Bay, eine gegenüberliegende Bucht, führt in den Ozean hinaus nach Süden. Man schaut auf die Cook Strait, den Teil des Ozeans,
der die Nord- von der Südinsel trennt. Hier sieht man zu jeder Jahreszeit zahlreiche Surfer in den Wellen. Heute allerdings nicht. Surfen steht auf der Liste mit zu vermeidenden Aktivitäten. Der Strand ist dennoch sehr beliebt, bei Spaziergängern und Leuten, die ihre Hunde Gassi führen. Wir spazieren gemütlich die Promenade entlang, biegen in eine der Straßen ab und gehen Richtung Kilbirnie, dem Ortsteil in dem sich die Supermärkte und eine kleine Shopping Meile befinden. Wir sehen ein kleines Geschäft, in dem man überwiegend indische Zutaten und Gewürze bekommt. Diesen hatten wir zwar bereits mehrfach gesehen, waren aber noch nie drinnen. Zu unserer Überraschung, ist dieser geöffnet. Meine Frau geht hinein und kommt wenig später strahlend wieder heraus. Endlich fand sie ein wertvolles Gut, dass auch hier seit Wochen schwer zu bekommen war. Mehl! Und zwar nicht etwa nur normales, handelsübliches Mehl. Hier gab es circa zwanzig verschiedene. Einen 5kg Sack Vollkornmehl reicher, ging es nun weiter nach Hause. Dort angekommen, gibt es erstmal ein Sandwich zum Mittag. Immerhin sind wir gerade um die sieben Kilometer gelaufen.

 

 

15:47 Uhr

Wieder einmal sind wir von dem Weltuntergang verschont geblieben. Und das obwohl es doch auf Ostern zugeht, wo ja immer Panik ausbricht, wenn die Geschäfte mal einen Tag geschlossen sind. Auch dieses Jahr sind am Karfreitag die Läden zu. Aber dieses Jahr ist es eben doch was besonderes. Es wird extra bei der Pressekonferenz erwähnt. Die zu vermeidenden Panikkäufe fanden dennoch statt. Nicht so extrem wie vor der Quarantäne Zeit, aber immerhin sind die Schlangen vor den Märkten etwas länger. Ebenfalls in einer Pressekonferenz mitgeteilt, der Osterhase sowie die Zahnfee, sind essenzielle Services und dürfen auch über die Feiertage ihrer Tätigkeit nachkommen. Das hat unsere Premierministerin verkündet, damit auch die kleinsten Einwohner beruhigt sind. Eine tolle Geste wie ich finde. Hier, und in einigen anderen Ländern, findet auch eine landesweite Bärenjagd statt. Jeder soll, wenn möglich, Kuscheltiere, Stoffbären oder ähnliches, in seine Fenster stellen, an den Gartenzaun hängen oder anderweitig zeigen. Damit soll Kindern, die mit ihren Eltern draußen spazieren, ein positives Bild vermittelt werden. Ein Suchspiel für die kleinen, wo das ganze Land mitzieht. Auch eine schöne Idee, wie ich finde. Die Premierministerin selbst hat auf ihrer Facebook Seite auch eine Vorlage für ein Osterei zum ausmalen gestellt. Man könne dies ausdrucken, ausmalen und ebenfalls in die Fenster hängen. Denn tausende Kinder im ganzen Land, können zu Ostern nicht wie gewohnt die Familien besuchen und etwa mit den Großeltern zusammen sein. Ein weiterer Schritt zum großen Zusammenhalt hier im Land. Einer für alle und alle für einen. 

 

 

19:59 Uhr 

Das Sandmännchen hatte unseren Junior ins Schlummerland geschickt und der Rest des Abends gehört wieder der Zweisamkeit. Ich suche einen Film heraus, der uns beide interessierte und wir lassen uns auf der Couch nieder. Die Wahl fiel auf Disney's neuesten Animationsfilm "Onward". Ein Film der die gängigen Fantasyfilme und Rollenspiele durch den Kakao zieht, kann mit Sicherheit nur gut werden. Frei nach dem Motto: "Nimm das Leben nicht zu Ernst. Du kommst ja doch nicht lebend heraus." 

 

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Miri (Donnerstag, 09 April 2020 12:13)

    Ein bisschen Gesellschaftskritik ist nie verkehrt.

  • #2

    Sabine (Donnerstag, 09 April 2020 17:04)

    Das ist wohl wahr, man ist ja schon dankbar wenn man sich, natürlich mit Abstand, mal mit einem anderen unterhalten kann. Wenn wir nach Salzgitter fahren, um in der Jever nach dem Rechten zu sehen, freuen wir uns immer wenn wir mal Gäste oder Freunde treffen. Man vermisst die Nähe der Menschen. Ich merke es auch daran das so einige Bilder schicken mit der Kneipe im Hintergrund, mit vielen aufmunternden Worten, sie rufen an oder schreiben ein paar Zeilen.....man merkt das sie Anteil nehmen, sich Gedanken machen und ich freue mich das es diese Menschen noch gibt, zeigt es doch das die Welt doch noch nicht ganz verloren ist und nicht nur aus Egoisten besteht ☺️Ich könnte so viele Dinge aufzählen die mich jetzt im positiven Sinn überrascht haben und auch darüber kann ich mich freuen ☺️ Liebe Grüße und bleibt gesund �